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Heft Nr.4 (Jg. II, H.2/2007) (ISSN 1862-9695; ISBN 978-3-8322-6438-3)



Karl Friedrich Bohler
Historische Typen der Agrarverfassung und regionale Mentalitäten in Deutschland (S. 11-24)

Aus den einschlägigen Arbeiten der Historischen Schule der Nationalökonomie aus dem 19. Jahrhundert geht hervor, dass sich die traditionelle Agrarverfassung in Deutschland auf drei Typen mit vorwiegend großem, mittlerem und kleinem Grundbesitz zurückführen lässt. Mit diesen Typen der Agrarverfassung war jeweils eine unterschiedliche Mentalität verbunden. Sie gründet in den typischen Existenzbedingungen der jeweiligen Agrarlandschaft. Die Lebensbedingungen in den gutswirtschaftlichen Strukturen lassen sich dabei mit dem Begriff der Autonomiefalle umreißen, die in den bäuerlichen Anerbengebieten mit dem der Stellenfalle und die in den klein- und kleinstbetrieblich geprägten Realteilungsgebieten mit dem der Subsistenzfalle. Diese Unterschiede in der agrarweltlich erzeugten Mentalität beeinflussen auch die Erfolgschancen entsprechender Sozialräume und Bevölkerungsgruppen beim Übergang bzw. Eintritt in die Industriegesellschaft.

Franz Kromka
Eigentum. Geschichte, Wirkung und Gefährdung (S. 25-43)

Die Institution des Eigentums bildete sich in der Geschichte der Menschheit frühzeitig heraus. Ansätze von Eigentum finden sich bereits bei den Jäger-Sammlerinnen-Horden. Aber erst im Gefolge der neolithischen Revolution nahmen exklusive Eigentumsrechte Gestalt an. Diese Rechte erhöhten rasch die Effizienz und Produktivität der menschlichen Arbeit und schufen damit die Basis für eine gewaltige kulturelle Entwicklung. Nahezu ohne Ausnahme ha­ben die großen Denker der abendländischen Zivilisation den Wert des Eigen­tums erkannt und bejaht. Zu einer Gefährdung und auch Zerstörung der Ein­richtung des Eigentums kam es vor allem durch das von Marx und Engels geschaffene rationalistische Ideengebilde. Im Sinne dieser Ideen wird bis auf den heutigen Tag längst nicht folgenlos bezweifelt, ob die auf Eigentum beruhende Marktrationalität der das Eigentum negierenden Planrationalität überlegen ist.

Kenneth Anders und Lars Fischer
Landschaft, Kulturlandschaft, Wissenschaft (S. 44-59)

Landschaft ist gegeben, Kulturlandschaft ist gewollt: Aus dieser einfachen Differenz leiten sich Konsequenzen für die landschaftsbezogene Wissenschaft ab. Denn die politischen Konflikte um die Gestaltung des menschlichen Habitats sind Voraussetzung für die Finanzierung der Landschaftsforschung. Wie verhält man sich als Wissenschaftler in diesem Spannungsfeld? Ist man der Verantwortung, die einem hier zuwächst, überhaupt gewachsen? Sind neue Universalgelehrte vom Schlage Humboldts vonnöten, um der Komplexität landschaftlichen Wissens gerecht zu werden? Und wie geht man mit dem Wissen der landschaftsbezogenen Akteure um? Als Wissenschaftler in der Kulturlandschaft ist man Teil des landschaftsprägenden Ensembles aus Landnutzern, Politikern, Bewohnern und Forschern. Zwischen diesen Akteuren muss es Verständigung geben. Nur auf dieser Basis hat die Wissenschaft eine souveräne Position in den Konflikten um die Kulturlandschaft.

Michael Corsten
Lokales Sozialkapital und soziale Kognitionen über die eigene Stadt (S. 60-83)

Sozialkapital wird in einer Reihe von Disziplinen als wichtiger Faktor der gesellschaftlichen Entwicklung angesehen, gerade auch der regionalen und lokalen Kultur. Übersehen wird dabei oft das handlungstheoretische Problem, ob und wie sich Akteure überhaupt an Sozialkapital orientieren können. Denn zunächst einmal handelt es sich bei Sozialkapital um ein theoretisches Konstrukt, das über sozialwissenschaftlich verobjektivierte Indikatoren (wie z.B. Vereinsdichte, Beziehungsnetzwerke, u. ä.) gemessen wird. In diesem Beitrag wird deshalb nach Sozialkognitionen gefragt, die Sozialkapital in den alltäglichen Orientierungen der Akteure repräsentieren. Am Beispiel einer empirischen Studie über die Sichtweisen des lokalen Handlungsfelds bei bürgerschaftlich engagierten Personen im Städtevergleich soll die Bedeutung der Dimension "Sozialkognition" und ihr Verhältnis zum Sozialkapital präzisiert werden.

Andrzej und Joanna Alicja Kaleta
Museen als Instrument zum Schutz des Erbes der ländlichen Räume Europas und zur Verbesserung der Lebensqualität (S. 84-91)

In den letzten Jahren können wir ein steigendes Interesse an dem kulturellen Erbe der ländlichen Räume in den Ländern Ostmitteleuropas feststellen - sowohl an ihrer Kultur und Tradition und ihrer landschaftlichen Gestaltung als auch an dem ländlichen Lebensstil. Dazu hat sicherlich auch der Integrationsprozess dieser Länder in die Europäische Union beigetragen, der im gesellschaftlichen Bewusstsein der Menschen das Bedürfnis erweckt hat, die eigene kulturelle Identität zu bewahren. Die Bewahrung des kulturellen Erbes auf dem Lande ist vor allem eine Aufgabe der dort existierenden Museen. Die Ergebnisse einer Studie von Gerd Vonderach in ausgewählten ländlichen Museen in Deutschland können dabei als eine Inspiration für die weitere Entwicklung der ländlichen Museen in den Ländern Ostmitteleuropas dienen, die nicht nur für den Schutz des Erbes der ländlichen Kultur, sondern auch für die Verbesserung der Lebensqualität auf dem Lande eine besondere Bedeutung haben. Die Stärkung dieser Museen ist auch Zielsetzung eines in mehreren Ländern gestarteten Projekts der Europäischen Kommission, welches das gemeinsame kulturelle Erbe der ländlichen Gesellschaften Europas fördern soll.

Tagungsberichte
Tagung "Social Entrepreneurship and Global Change" in Boston (Isabell Stamm) (S. 92-99)
Tagung "Ländliche Gesellschaft europäischer Peripherien" in Leipzig (Elke Knappe und Birte Nienaber) (S.100-103)