Zusammenfassungen
Anton Sterbling :
Die Deutschen aus Rumänien und die Hinterlassenschaften der Securitate Nachdem die Deutschen aus Rumänien in der Zeit der kommunistischen Herrschaft zumindest zeitweilig stark diskriminiert wurden, erscheinen auch im postkommunistischen Rumänien, das seit 2007 Mitglied der Europäischen Union ist, die Prozesse der Aufarbeitung der Vergangenheit, die insbesondere diese Minderheit betreffen, recht unbefriedigend. Diese Feststellung bezieht sich auf die bisher nicht erfolgte Klärung der Erpressungen und Nötigungen der Ausreisewilligen zu informellen Zahlungen zur Ermöglichung oder Beschleunigung der Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland, die in den 1970er und 1980er Jahren gleichsam die Regel waren. Dies betrifft aber auch und insbesondere den für die betroffenen Opfer sehr unbefriedigenden Umgang mit den Securitateakten, der im Mittelpunkt dieses Beitrages steht. All dies erscheint als Ergebnis von Machenschaften und Manipulationen, Halbheiten und bürokratischen Verschleppungen im postkommunistischen Rumänien oder kurz gesagt: als Ergebnis des weiterhin „so tun Als Ob“ in diesem Land.
Zrinka Štimac :Auseinandersetzungen um den Religionsunterricht und die
Bildungsreformen Die postkommunistische Transformation in Bosnien und Herzegowina geht einher mit Kriegsgeschehnissen und internationalen Interventionen, die beide in spezifischer Art und Weise sowohl die Bildungs- wie auch die Religionslandschaft beeinflusst haben. Wie viel Raum kann und soll unter diesen Bedingungen dem konfessionellen Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen gegeben werden? Sowohl religiöse als auch säkulare lokale und internationale Akteure haben dazu eigene Antworten gegeben. Allerdings zeigen unterschiedlichen Bemühungen, dass es hier weniger um Konzepte und Auseinandersetzungen mit Religion im öffentlichen Raum, sondern vor allem um die Deutungshoheit im Bildungsfeld geht. Der Beitrag zeichnet unter dieser Perspektive wichtige Grundzüge der Auseinadersetzungen um die Bildungspolitik und den Religionsunterricht in Bosnien und Herzegowina in den letzten beiden Jahrzehnten nach. Jörg Gerke : Die ostdeutsche Landwirtschaft zwanzig Jahre nach der Wende Die DDR-Agrarstruktur wurde durch zwei einschneidende Ereignisse beeinflusst, die Bodenreform von 1945/46, bei der alle landwirtschaftlichen Betriebe über 100 Hektar vollständig und entschädigungslos enteignet wurden, und die Gründung der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) ab 1952. Die Vollkollektivierung wurde gegen den Widerstand der überwiegenden Mehrheit der Bauern bis 1960 durchgesetzt. Die Großbetriebsstruktur wurde über die Wende zu einem großen Anteil beibehalten. Die DDR-Agrarkader in den Verwaltungen, den neuen ostdeutschen Landesagrarministerien und in den LPG-Nachfolgebetrieben sind bis heute so gut vernetzt, dass die LPG-Nachfolgebetriebe und die von Agrarkadern erfolgten Betriebsausgründungen in großem Ausmaß mit dem LPG-Vermögen (Gebäude, Vieh und Maschinen) und der landwirtschaftlichen Nutzfläche der öffentlichen Hand ausgestattet wurden. Der Aufbau dieser Großbetriebsstrukturen war nur möglich, weil Elemente einer Zivilgesellschaft wie eine unabhängige Justiz und Verwaltung und unabhängige Medien und Verwaltung auf dem Lande nur unzureichend funktionieren. Dagegen wurden wiedergründungswillige Bauern vom Betriebsneuaufbau abgehalten, oder sie wirtschaften nur im Nebenerwerb. Da die meisten Großbetriebe mit ihrer arbeitsextensiven Wirtschaftsweise nur wenige Mitarbeiter beschäftigen, tragen sie nur wenig zum Wohlstand der ländlichen Regionen bei, aus der vor allem die aktiven, leistungsfähigen und partizipationswilligen Menschen abwandern. Evelyn von Thenen und Markus Schorling : Wie erleben und bewerten Öko-Bäuerinnen und Öko-Bauern Arbeit und Natur ? Im Mittelpunkt der unter dem Schlagwort „Agrarwende“ bekannten Reform der Agrarpolitik steht eine nachhaltige Wirtschaftsweise, bei der u. a. die Umwelt- und Verbraucherinteressen berücksichtigt, der ländliche Raum gestärkt und der ökologische Landbau gezielt gefördert werden sollen. Dabei kommt allerdings der sozialen Komponente der Akteure weiterhin nur eine geringe Aufmerksamkeit zu. Gerade direktvermarktende kleinbäuerliche Ökobetriebe sind jedoch aufgrund ihrer Produktionsweise für die Umsetzung der neuen Agrarpolitik in besonderer Weise interessant. Die hier vorgestellte Untersuchung ermittelte mit Hilfe von Tiefeninterviews unter Betreiberinnen und Betreibern ökologisch wirtschaftender, direktvermarktender Betriebe in Brandenburg ihre ökologischen und sozialen Wahrnehmungen und Einschätzungen der aktuellen landwirtschaftlichen Situation. Sie ergab, dass die Vermittlung und Erlebbarkeit von Natur und das Wissen über Natur im gesellschaftlichen Kontext als sinnvoll und unterstützungswürdig angesehen wird. Die landwirtschaftliche Aufklärungsarbeit sollte nach Ansicht der Befragten den Verbrauchern vor allem ein Bewusstsein für gesunde Ernährung und einen gesunden Lebenswandel vermitteln. Wolfgang Schulenberg : Das Ende der Verstädterung Dieser bereits 1966 geschriebene Aufsatz kritisiert die fortdauernde Gegenüberstellung von Stadt und Land, da er davon ausgeht, dass sich die ursprüngliche Besonderheit der Städte zunehmend zugunsten verallgemeinerter gesellschaftlicher Lebensverhältnisse aufgelöst hat, die auch auf dem Lande, insbesondere etwa unter den dort wohnenden Pendlern, aber auch in der bäuerlichen Bevölkerung, zu finden sind. Mangels qualitativer Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Siedlungen, die überwiegend nur noch nach dem quantitativen Merkmal der Einwohnerzahl zu unterscheiden seien, entfällt in dieser Sichtweise auch die Sinnhaftigkeit von Begrifflichkeiten wie „Stadt-Land-Kontinuum“ und der Vorstellung einer das Land prägenden „Verstädterung“, die vielmehr bereits ihr Ende gefunden habe. |