Zusammenfassungen Josef Wolf: Kollektivschuld, Ethnizität und Repression im Banat 1944-1948 (Teil II) Kollektivschuld und Ethnizität einerseits, und politische Repression andererseits zählen zu den zentralen Begriffen der zeitgeschichtlichen Forschung in Bezug auf die Lage der deutschen Minderheiten in Ostmittel- und Südosteuropa in der Endphase des Zweiten Weltkriegs und in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Ethnizität wird als eine wichtige Kategorie in der Gruppenbildung der deutschen Minderheit im Banat betrachtet, die nach 1918/20 einen nachholenden und beschleunigten Prozess der politischen Ethnisierung durchlief. Bei der Zuweisung von Kollektivschuld kam staatlichen Ordnungskategorien eine herausragende Bedeutung zu. Die Zuschreibung von ethnischer Zugehörigkeit war untrennbar mit den politischen Repressionen verbunden, denen die deutsche Minderheit ausgesetzt war. Verwaltungshandlungen geben Aufschluss über die sich verändernden Inhalte des staatlichen Verständnisses von Ethnizität. Der Aufsatz wird in zwei Teilen veröffentlicht. Der im letzten Heft veröffentlichte erste Teil des Beitrags thematisierte die Flucht und politische Entrechtung der Banater Deutschen, die Fortsetzung in diesem Heft befasst sich mit ihrer Deportation und Enteignung. Die Landenteignung bewirkte einen radikalen ethnostrukturellen Wandel mit Langzeitfolgen in den von Deutschen bewohnten Gebieten. Jens-Peter Müller: Die ständige Reformierung der Armseligkeit oder warum der ländliche Raum Rumäniens nie eine reelle Chance hatte In den letzten Jahren hat die Armut im ländlichen Raum Rumäniens extrem zugenommen. Insbesondere der Süden des Landes ist davon stark betroffen. Die Gründe für diese Armut sind komplex und haben ihren Ursprung in der historischen Entwicklung dieser Region. Die Hoffnung, durch den EU-Beitritt eine spürbare Verbesserung der Lebensbedingungen zu erreichen, trat bisher nicht in Erfüllung. Ganz im Gegenteil. Er löste einen Migrationsprozess mit noch nicht absehbaren sozialen Folgen aus und sorgte für die Entvölkerung ganzer Dörfer. Sigrid Kroismayr: Die Nutzung aufgelassener Schulgebäude und ihre Bedeutung für die Dorfgemeinschaft Schulen am Lande gelten als soziales Zentrum und die Schließung als gravierender Einschnitt für das soziale Miteinander. Im Beitrag wird die Frage aufgegriffen, inwieweit nicht trotz der Schließung der Schule, das Gebäude ein sozialer und kultureller Mittelpunkt bleiben kann. Dazu wird die Verwendung der Gebäude von 215 der insgesamt 228 aufgelassenen Kleinschulen vorgestellt, die zwischen 2001 und 2014 in Österreich geschlossen wurden. Ein Drittel der Gebäude wurde verkauft, mehr als die Hälfte wird von der örtlichen Bevölkerung genutzt und in 17 Prozent der ehemaligen Schulhäuser ist der Kindergarten untergebracht. Die überwiegende Zahl der Gebäude befindet sich auch in einem guten baulichen Zustand. Insgesamt zeigen die Bemühungen bei der Nachnutzung, diese im Sinne der Erhaltung der Vitalität des Ortes zu gestalten. Gisela Borchers: Dorfordnungen für Königliche Ländereien in Preußen Die von den preußischen Königen im 18. Jahrhundert erlassenen Dorfordnungen waren keine Rechtssatzungen oder Privilegien für die Dorfbewohner ihrer Domänenländereien, sondern Disziplinierungs- und Kulturanweisungen für die Bauern und die unterbäuerliche Bevölkerung. Im Gegensatz zu den Weistümern, Willküren oder Bauerbriefe genannten Privilegienverschreibungen anderer Grundherrschaften sicherten sie keine Rechte, sondern definierten Pflichten, die in der besonderen Herrschaftsstruktur der Domänenverwaltung Preußens verfestigt waren. Mit der Agrargesetzgebung im 19. Jahrhundert verloren sie ihre Berechtigung. Peter Bussler: Reise in die letzten deutschen Dörfer im südwestsibirischen Altai-Gebiet In der Region Altai (russisch Altaiskij Krai) im südwestlichen Teil Sibiriens am Oberlauf des Ob befindet sich nur wenig von Kasachstan entfernt eine Reihe vom Aussterben bedrohter deutscher Dörfer. Im Juli 1991 war dort mit finanzieller Unterstützung der deutschen Bundesregierung der neu gegründete „Deutsche Nationale Rayon Halbstadt“ entstanden. Seine Gründung und Wiederbelebung erfolgte in der Hoffnung, der noch überwiegend deutschstämmigen Bevölkerung eine neue Heimstatt sowie gleichzeitige Alternative zur Ausreise nach Deutschland zu bieten. Der Anteil der deutschstämmigen und zugleich deutsch sprechenden Siedler ist aber aufgrund der Spätaussiedlerwelle der Mitte der 1990er Jahren inzwischen auf unter zehn Prozent zusammengeschrumpft. Damit scheint das Ende einer ganzen Kultur besiegelt zu sein, weil die ausgereisten Spätaussiedler nur zu einem kleinen Teil durch Umsiedler aus verschiedenen Gebieten der ehemaligen Sowjetunion ersetzt worden sind, hauptsächlich Kasachstan und Kirgistan, von denen jedoch die meisten die deutsche Sprache nicht mehr beherrschen. Der Besuch im Rayon Halbstadt verdeutlicht den enormen Unterschied zwischen den dortigen Dorfgemeinschaften und den rein russisch strukturierten Dörfern: Hier die großzügig angelegten Straßen, adretten Häuser, gepflegten Gärten mit intakter Infrastruktur, denen weitgehend unbefestigte Straßen, ärmlich wirkende Holzhäuser oder kaputte Landmaschinen aus der Sowjetzeit in rein russischen Dörfern entgegenstehen. Gemeinsam aber ist ihnen, dass es in allen Dörfern Russlands für die Bewohner so gut wie keine Lebensperspektive gibt. |