Zusammenfassungen Karl Friedrich Bohler: Wandel und Generationenbeziehungen in Familienbetrieben Mit den fortschreitenden sozialökonomischen Modernisierungs- und Differenzierungsprozessen verschärft sich, idealtypisch betrachtet, neben der Rentabilitätssituation die innere Spannung in Familienbetrieben. Insbesondere intensiviert sich in diesem Prozess von Generation zu Generation der Gegensatz zwischen den Grundstrukturen von Familie und denen eines konkurrenzfähigen modernen Betriebs. Im einen Fall geht es um affektiv-solidarische, persönliche Beziehungen „ganzer Menschen“, im anderen um vertragliche Beziehungen im Kontext eines wirtschaftlichen Interessenkalküls. Weil der Individualisierungsprozess auch vor Familienbetrieben nicht halt macht, muss für die je spezifische Spannungskonfiguration - gerade auch zwischen den Generationen – im Einzelfall eine adäquate „Lösung“ gefunden werden. Isabell Stamm : Generationenbeziehungen in Unternehmerfamilien Aus der spezifischen Verbindung von Unternehmen und Familie sowie aus den normativen Erwartungen der Gesellschaft ergeben sich in Unternehmerfamilien Koordinierungsaufgaben, die von den Generationen gemeinsam zu bewältigen sind. Nicht nur sind die einzelnen Familienmitglieder gefordert, eine stabile Identität im Spannungsfeld von Familie und Unternehmen zu entwerfen, sondern sie sind verwickelt in Generationenbeziehungen, die einer direkten Aushandlung bedürfen. In diesem Beitrag werden die Begegnungen der Generationen in Unternehmerfamilien anhand einer fallrekonstruktiven Auswertung von drei narrativ-biografischen Interviews mit Mitgliedern einer Unternehmerfamilie offen gelegt. Anna Engelstädter: Weiterwirtschaften nach unterbrochener Hofkontinuität in bäuerlichen Familienbetrieben – ein Fallbeispiel In diesem Beitrag geht es um die Frage, wie bäuerliche Familienbetriebe, bei denen die intergenerationelle Kontinuität der selbständigen Bewirtschaftung durch das DDR-System unterbrochen wurde, nach der politischen Wende wieder aufgebaut werden konnten. Dies geschieht anhand des Beispiels der Wiedereinrichterfamilie Bender auf der Insel Rügen. Familie Bender bewirtschaftet heute einen Betrieb mit 625 ha Acker- und Grünland und hält 135 Milchkühe sowie deren Nachzucht. Benders Vorfahren stammen aus Schleswig-Holstein, im Zuge der nationalsozialistischen Siedlungspolitik kommt die Familie auf die Insel Rügen. Durch eine geschickte Strategie während der Kollektivierung der DDR-Landwirtschaft gelingt es den Benders mit ihren Nachbarn, die Unterbrechung der Hofkontinuität auf lediglich 15 Jahre zu begrenzen. Neben dieser relativ kurzen Unterbrechung spielt strukturell eine größere Rolle, dass die Familie an einen für die gutswirtschaftliche Tradition der Insel untypischen bäuerlichen Habitus aus ihrer holsteinischen Herkunftsregion anknüpfen kann. Daniela Jäkel: Der Einfluss von Individualisierungstendenzen im biografischen Verlauf auf die Transformation struktureller Muster des Familienbetriebs Das bereits Jahrhunderte andauernde ‚Überleben’ des familialen Wirtschaftens setzt eine enorme Bewältigungsleistung voraus, welche jedoch nicht ohne einen Wandel der strukturellen Beschaffenheit von Familienunternehmen in Abstimmung mit gesellschaftlichen Entwicklungen zu erbringen ist. In der Moderne bringt ihr spezifischer Kontinuitätsbedarf angesichts gesellschaftlicher Modernisierungsprozesse ein Spannungsverhältnis hervor, welches insbesondere im Generationenwechsel sichtbar wird. Der Aufsatz beschreibt auf der Grundlage einer Fallrekonstruktion über drei Generationen das Pendeln der Bewältigungsleistungen zwischen Transformation und Tradition, zeigt aber auch die herausgehobene Bedeutung des Gleichgewichts für das (Weiter-) Bestehen von Familienunternehmen. Zbigniew T. Wierzbicki: Versuch des Aufbaus eines Modells der sozialen Sozo-Ökologie Die amerikanische, in Chicago entstandene „soziale Ökologie“ (human ecology) erforscht die gesellschaftlichen Phänomene in ihrem Zusammenhang mit der natürlichen Umwelt und den in ihr integrierten kulturellen Objekten. Die polnische human ecology, unter dem Namen „soziale Sozo-Ökologie“ (griech. "sozo (sodzein)" - “retten, heilen, schützen, am Leben erhalten”), fügt diesem Modell der sozial-kulturellen Ordnung einen wesentlichen Faktor hinzu: den Umweltschutz als conditio sine qua non der Entwicklung und des Überlebens des Menschen. Dieser Faktor beeinflusst sowohl die biotischen Zusammenhänge als auch die gesellschaftlichen und moralischen Ordnungssysteme. Die soziale Sozo-Ökologie unterscheidet sich von der traditionellen human ecology hauptsächlich in drei Punkten: 1. Sie führt den wesentlichen Faktor des Umweltschutzes ein, was letztlich die Einstellungen und Verhaltensweisen der Akteure in allen drei Ordnungen verändert. 2. Sie weist dem Raum einen konstanten Wert zu. Dadurch sind sowohl die bebauten als auch die unbebauten Gebiete, wie z.B. Moore, Waldgebiete, Berge oder Seen, für die soziologische Forschung und Analyse von Bedeutung. Es ändern sich auch die Funktionen dieser Gebiete in der gesellschaftlichen Struktur. 3. In die moralische Ordnung werden die Regeln der Öko-Ethik eingeführt. Lutz Laschewski: Der Umbau der ländlichen Gesellschaft in den Neuen Bundesländern In diesem Beitrag werden die gesellschaftlichen Veränderungen in den ländlichen Räumen Ostdeutschlands als Umbau und somit als das Resultat absichtsvoller Handlungen und der Interaktionen konkreter Akteure beschrieben. Der Umbau der ländlichen Gesellschaft wird auf fünf interdependenten Ebenen skizziert: der ländlichen Ökonomie, der politischen Ordnung, dem Landschaftsbild, der Eigentumsverhältnisse sowie der Sozialstruktur. Die Analyse der Veränderungen in den letzten zwei Jahrzehnten und die mehrdimensionale Betrachtung ihrer Effekte eröffnet den Blick für die Diversität der Entwicklungen in unterschiedlichen Teilräumen. Anhand dieser Ergebnisse wird die verbreitete Peripherisierungsthese ländlicher Räume kritisiert, da sie auf einem unzureichenden Modell gesellschaftlicher Prozesse basiert und wichtige Ebenen der Analyse vernachlässigt.
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