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Land-Berichte. Beiträge zu ländlichen und regionalen Lebenswelten. Heft 2-2022  (September 2022)

Zusammenfassungen

Wojciech Knieć: Flüchtlinge aus der Ukraine in den Landgebieten in Polen. Fallstudie zur Kriegsimmigration aus der Ukraine in die Landgemeinden des Kreises Toruń

Das Ziel dieses Beitrags ist die Darstellung der Struktur und Dynamik der Auswanderung der Staatsangehörigen der Ukraine in die Landgebiete Polens am Beispiel der Landgemeinden im Kreis Toruń. Gezeigt werden die demographische Struktur der Flüchtlinge, Dynamik ihrer Migration sowie die Daten zu der den ukrainischen Staatsangehörigen zuteilgewordene Hilfe von Seiten formeller und informeller Gruppen der Landbewohner. Im zweiten Teil des Artikels werden die Beispiele der Inklusionsinitiativen der ländlichen Gemeinwesen gegenüber den ukrainischen Flüchtlingen veranschaulicht. Dazu werden ausgewählte Basisinitiativen präsentiert, die sowohl eine sofortige materielle Hilfe zum Ziel hatten als auch eine langfristige, systematische Unterstützung zur Erleichterung einer schnellen Adaptation der Flüchtlinge und der  Einrichtung ihrer Existenz. Insgesamt strebt dieser Artikel die Vorstellung von verschiedenen Formen und Strukturen im Zusammenhang mit den Adaptationsprozessen der Kriegseinwanderer aus der Ukraine an das Leben im ländlichen Umfeld in Polen an.

Peter Bussler: Sitte und Brauchtum im bäuerlichen Umfeld des alten Amtes Ritzebüttel und im nördlichen Teil des Elbe-Weser-Gebietes

Seit alters her pflegten unsere Vorfahren über Jahrhunderte eine beachtliche Reihe von Bräuchen, die wir heute weitgehend vergessen haben. Teilweise wissen wir auch nicht mehr, in welchem Umfang und aus welcher Zeit die hier beispielhaft aufgeführten Bräuche stammen und auch wieder abgeschafft wurden. Sie sind größtenteils verschwunden, auch wenn im dörflich geprägten Raum die ältere Generation hier und da bemüht ist, bestimmte unterschiedliche Erscheinungsformen des menschlichen Zusammenlebens zu bewahren, vornehmlich bei Geburt, Hochzeit und Tod. Waren Nachbarn und Verwandtschaft früher rasch zur Stelle, wenn Hilfe benötigt wurde, so haben sich derlei enge Bindungen in der Art eines ausgeprägten Zusammengehörigkeitsgefühls aufgelöst. Am stärksten dürfte heutzutage in den Dörfern der norddeutschen Geest noch einiges an altem Brauchtum verwurzelt sein. Allein die hier ausgewählten Bräuche zeigen, welche ungeheure Stofffülle sich in dem Thema verbirgt.

Anton Sterbling: Das „Kulturwerk Banater Schwaben e.V.“ Entstehung, programmatische Anliegen, Tätigkeit

In diesem Beitrag wird das „Kulturwerk Banater Schwaben e.V.“, das im Jahr 2021 gegründet wurde, näher vorgestellt. Im Einzelnen geht es dabei um Aus­gangspunkte und Entstehungszusammenhänge, um Organisationsstrukturen und die Funktionsweise, am längerfristige Ziele und Anliegen des Kulturwerks wie auch um eine exemplarische Darstellung der bisherigen Förderungstätig­keit. Dabei sollen die Hauptzwecke der Einrichtung erkennbar werden, die in der Pflege und Weiterentwicklung der Kultur und des Brauchtums der Banater Schwaben in der alten Heimat wie im Freistaat Bayern sowie in der besseren sozialen Integration dieser Bevölkerungsgruppe in der neuen Heimat liegen.

Gerd Vonderach: Giambattista Vicos Werk „Prinzipien einer neuen Wissenschaft über die gemeinsame Natur der Völker“

Die „Neue Wissenschaft“ (1774) ist das Hauptwerk von Giambattista Vico und gilt als das bedeutendste Werk der italienischen Philosophiegeschichte. Vico war ein Begründer der Geschichtsphilosophie und zugleich ein Vorläufer der Sozial- und Kulturwissenschaften und der wissenschaftlichen Gesellschaftsgeschichte. Er wurde von so unterschiedlichen Denkern wie Karl Marx, Ernst Cassirer, Werner Sombart, James Joyce, Joseph Schumpeter und Karl Löwith sehr verehrt. Sein Werk ist die Konstruktion der Menschheitsgeschichte als Universalgeschichte einerseits aus einem philosophischen Prinzip der „Vorsehung“ heraus, andererseits als Versuch einer empirischen Entschlüsselung früher, noch schriftloser Kulturen als Ursprünge der Zivilisationsentwicklung. Doch diese führe schließlich zu einer „Barbarei der Reflexion“ in einem Zustand der Verfeinerung und des Verfalls gleichermaßen, in dem ein Neuanfang erst wieder auf einer primitiven Stufe möglich werde.    

Mateuz Wojnowski: Andrzej Kaletas aktuelles Werk „Skizzen über die polnische Landsoziologie“

Andrzej Kaleta betrachtet in seinem jüngsten Werk die Landsoziologie in Polen aus der Perspektive seiner 44 Jahre langen Forschungs- und Lehrtätigkeit an der Nikolaus Kopernikus Universität Toruń. Dem als chronologisch konzipierten Vortrag wird in der Reihenfolge der 6 Kapitel aufmerksam gefolgt. Der polnische Übersetzer Mateusz Wojnowski setzt sich als Leser mit Kaletas Buch, veröffentlicht 2021 durch den Universitätsverlag Toruń, mit Anerkennung, aber auch kritisch auseinander. Hervorgehoben und kommentiert werden die Stellen im Text, die entweder als bemerkenswert relevant für die Sicht des Autors oder als besonders interessant für den Leser, auch im Ausland, erscheinen können. In der Gegenwart kann ein denkender Mensch nicht umhin, sich die Frage zu stellen, was aus den Landgebieten werden soll, wenn sich die Unterschiede zwischen Land und Stadt weiter verwischen. Und was wird dann mit der Agrar- und Landsoziologie? Dieser und ähnlichen Fragen wird in den sehr konkreten landsoziologischen Verflechtungen in Polen und in der Welt entgegengetreten.  

Franz Kromka: Die dörfliche Welt. Ist sie am Verschwinden?

Auch das Dorf ist mit den von Richard F. Behrendt beschriebenen fünf „spezifischen Problemen des Menschen der dritten Kulturphase“ konfrontiert. Als erstes Problem nennt Behrendt die „Schwächung der Orientierung an transzendentalen Symbolen“. Früher stand die Beziehung zwischen Mensch und Gott im Mittelpunkt. Heute geht es um das Verhältnis des Einzelnen zur Gesellschaft. Die „Einbuße an Kontinuität“ stuft Behrendt als zweite Schwierigkeit ein. Die Gegenwart ist nur mehr zum Teil Fortdauer der Vergangenheit. Ihr Wert bemisst sich daran, ob sie über Mittel der Zukunftsgestaltung verfügt. Die „Schwächung der traditionellen Gemeinschaften“ ist die dritte Herausforderung. Der Wohlfahrtsstaat scheint die meisten Bedürfnisse befriedigend zu erfüllen. Er hat dadurch traditionelle Verpflichtungen stark gelockert. Zudem ist ein „Autoritätsvakuum“ entstanden, weil lokale Herrschaft eingeschränkt wurde. Auch im Dorf wird heute Autonomie hochgehalten. Wenn es für den Dorfbürger keine sozialen Grenzen mehr gibt, dann kommt es, so Behrendt, zur „Krise des Zugehörigkeitsgefühls“. Weil der Mensch ein sozialabhängiges Wesen ist, verwundert es nicht, wenn der Verlust von Bindungen Unbehagen zeitigt.